Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt rasch und erfordert neue und aktualisierte Lösungen für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit. Das Forschungsprogramm der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) zielt darauf ab, politischen Entscheidungsträgern, Forschern und Arbeitgebern zuverlässige Informationen über die potenziellen Auswirkungen der Digitalisierung auf die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zur Verfügung zu stellen, damit sie rechtzeitig wirksame Maßnahmen ergreifen können, um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten.
Das Aufkommen von Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), Big Data, kollaborative Robotik, das Internet der Dinge, Algorithmen, digitale Arbeitsplattformen und gleichzeitig eine erhebliche Zunahme der Telearbeit bringt Chancen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, aber auch neue Herausforderungen und Risiken für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit mit sich. Die Bewältigung der Herausforderungen und Risiken und die Maximierung der Chancen hängen davon ab, wie die Technologien im Zusammenhang mit sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen angewandt, gesteuert und reguliert werden.
Auf der Grundlage ihrer Zukunftsstudie über Digitalisierung und Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit hat die EU-OSHA das Forschungsprojekt „Überblick über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit“ (2020-2023) ins Leben gerufen, um detaillierte Informationen für Maßnahmen, Prävention und Praxis in Bezug auf die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung im Kontext von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit bereitzustellen.
Im Mittelpunkt stehen dabei folgende Bereiche:
- Fortgeschrittene Robotik und künstliche Intelligenz
-
KI-gestützte Systeme sowie fortgeschrittene Robotik verändern die Art und Weise, wie menschliche Arbeit konzipiert und geleistet wird. Solche Systeme, die entweder verkörpert (z. B. bei der Robotik) oder nicht verkörpert (z. B. intelligente Anwendungen) sind, können Maßnahmen – mit einem gewissen Grad an Autonomie – durchführen, um physische oder kognitive Aufgaben zu erfüllen und spezielle Ziele zu erreichen.
Dies hat erhebliche positive Auswirkungen, nicht nur im Hinblick auf die Produktivität der Unternehmen, sondern auch auf den Arbeitsschutz. So können beispielsweise Beschäftigte aus gefährlichen Umgebungen und Aufgaben herausgenommen und die Arbeitsbelastung optimiert werden. Solche Systeme können die mit einem hohen Risiko behafteten oder nicht kreativen repetitiven Aufgaben erfüllen, die mit einer Reihe traditioneller und neu entstehender Risiken für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit verbunden sind, sodass den Beschäftigten die Aufgaben mit geringem Risiko und produktive oder sogar kreative Arbeitsinhalte überlassen werden.
Nichtsdestotrotz bestehen im Zusammenhang mit der Nutzung dieser KI-basierten Systeme bei der Arbeit eine Reihe von Herausforderungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit, die hauptsächlich aus der Interaktion der Beschäftigten mit diesen Systemen heraus entstehen, wie unerwartete Kollisionen, übermäßiges Vertrauen usw., jedoch auch im Zusammenhang mit psychosozialen und organisatorischen Aspekten, die alle behandelt werden müssen.
In der Forschung in diesem Bereich werden die Chancen sowie die Herausforderungen und Risiken im Zusammenhang mit der Nutzung der fortgeschrittenen Robotik und KI-basierten Systemen für die Automatisierung von sowohl physischen als auch kognitiven Aufgaben erkannt und erörtert, wobei einige zusätzliche Probleme hervorgehoben werden, einschließlich der Interaktion zwischen Mensch und Maschine sowie des Vertrauens.
- Management von Beschäftigten mithilfe künstlicher Intelligenz
-
KI und digitale Technologien haben zu neuen Arten des Managements von Beschäftigten geführt. Im Gegensatz zu früheren Managementformen, die weitgehend auf menschliche Aufsicht angewiesen sind, bezieht sich das Management von Beschäftigten mittels KI auf neue Managementsysteme und -instrumente, mit denen Echtzeitdaten über das Verhalten von Beschäftigten aus verschiedenen Quellen erhoben werden, um das Management zu informieren und automatisierte oder halbautomatisierte Entscheidungen auf der Grundlage von Algorithmen oder fortgeschritteneren Formen der KI zu unterstützen.
In der diesbezüglichen Forschung werden die Möglichkeiten ermittelt und erörtert, die diese neuen KI-gestützten Systeme bieten, da sie Entscheidungen unterstützen können, die auf die Verbesserung des Arbeitsschutzes bei der Arbeit abzielen, wenn sie auf transparente Weise aufgebaut und umgesetzt werden und die Beschäftigten informiert und konsultiert werden.
In der Forschung werden auch die rechtlichen, regulatorischen, ethischen und datenschutzrechtlichen Herausforderungen und Risiken erfasst und erörtert sowie die Bedenken in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, insbesondere was psychosoziale Risikofaktoren aufgrund der Überwachung und des Managements von Beschäftigten anbelangt.
- Arbeit auf digitalen Plattformen
-
Arbeit auf digitalen Plattformen ist jede bezahlte Arbeit, die über, auf oder durch Vermittlung einer Online-Plattform erbracht wird, d. h. einem Online-Marktplatz, der mit digitalen Technologien betrieben wird, die den Abgleich von Arbeitskräftenachfrage und -angebot erleichtern. Die über Plattformen geleistete Arbeit kann sehr vielfältig sein: sie kann komplexe oder einfache Aufgaben, kognitive oder manuelle Aufgaben umfassen und kann online und vollständig virtuell oder vor Ort bereitgestellt werden.
Die Arbeit auf digitalen Plattformen bietet Beschäftigten in geografischen Gebieten, in denen solche Möglichkeiten fehlen, oder Randgruppen von Beschäftigten Beschäftigungsmöglichkeiten, birgt aber auch eine Reihe von Herausforderungen und Risiken für den Arbeitsschutz der Beschäftigten, die angegangen werden müssen.
Forschungsprojekte im Bereich der Arbeit auf Plattformen zielen auf Folgendes ab:
- Chancen, Herausforderungen und Risiken der Arbeit auf Plattformen zu analysieren und zu erörtern;
- Arten von Arbeit auf Plattformen und damit zusammenhängende Risiken und Chancen zu erfassen;
- Beispiele von Maßnahmen zur Vermeidung von Risiken im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit für Plattformbeschäftigte zu ermitteln;
- die Entwicklung von praktischen Tools für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu unterstützen.
- Intelligente digitale Systeme
-
Neue Systeme zur Überwachung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten, wie Smartphone-Apps, tragbare Geräte, mobile Überwachungskameras oder Drohnen, intelligente Brillen, IKT-gestützte Anwendungen und intelligente persönliche Schutzausrüstung werden entwickelt, um Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu überwachen und zu verbessern. Sie können z. B. zur Überwachung des physiologischen oder psychischen Zustands der Beschäftigten, wie Stress, Ermüdung, Wachsamkeit und Herzfrequenz, Körperhaltung und Körperbewegung, zur Überwachung der Position der Beschäftigten in gefährlichen Bereichen, zur Unterweisung der Beschäftigten oder zur Alarmierung von Führungskräften oder sogar Notfalldiensten verwendet werden. Neben ihren Möglichkeiten für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gibt es auch Bedenken, z. B. in Bezug auf den Datenschutz, Eigentumsfragen, Wirksamkeit und Standardisierung.
In dieser Studie bewerten wir deren Auswirkungen, indem Arten neuer Überwachungssysteme (Technologien), ihre Nutzung (z. B. Unterstützung der Einhaltung von Vorschriften im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, wirksame Durchsetzung oder Schulung) sowie die mit ihrer Umsetzung und Konzeption verbundenen Herausforderungen und Chancen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit analysiert werden. Darüber hinaus wird ein Überblick über die Ressourcen am Arbeitsplatz (z. B. Verhaltenskodizes, Strategien auf Unternehmensebene, Empfehlungen, Leitlinien, Protokolle und Schulungen) gegeben.
Die Studie umfasst eine Schreibtischstudie, Interviews und Feldstudien. 2023 wird ein hochrangiger Workshop organisiert, um die Ergebnisse zu konsolidieren.
- Telearbeit
-
Telearbeit ist jede Art von Arbeitsvereinbarung, bei der digitale Technologien zum Einsatz kommen, um von zu Hause aus oder allgemein außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers oder an einem festen Standort zu arbeiten. Telearbeit bringt Chancen, Herausforderungen und Risiken mit sich, die bei der Betrachtung künftiger Entwicklungen, einschließlich der Auswirkungen auf die geschlechtsspezifische und die Diversitätsdimension der Belegschaft und der unterschiedlichen Auswirkungen in den verschiedenen Branchen und Berufen neben den neuen und neu entstehenden Technologien, einschließlich der erweiterten Realität und der virtuellen Realität, berücksichtigt werden sollten, die voraussichtlich dazu beitragen werden, einer größeren Anzahl von Unternehmen und Beschäftigten Telearbeit zu ermöglichen.
Eine Reihe von Projekten in diesem Bereich, die ebenfalls auf früherer Forschung der EU-OSHA basieren, zeigen die Chancen, Herausforderungen und Risiken der Telearbeit auf und zielen auf die Sensibilisierung von Telearbeitern, Arbeitgebern und anderen relevanten Interessenträgern ab.
Die Kampagne für gesunde Arbeitsplätze der EU-OSHA, Sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung von 2023 bis 2025, dient der Sensibilisierung für die Digitalisierung sowie die Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit und bietet praxisorientierte Ressourcen.