Erhebung zur Exposition von Arbeitnehmern gegenüber Krebsrisikofaktoren in Europa

Arbeitsbedingte Krebserkrankungen sind eines größten Gesundheitsprobleme an Arbeitsplätzen in Europa. Eine Maßnahme zur Bewältigung dieses Problem ist die Beschaffung aktueller und zuverlässiger Daten über die Exposition von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber potenziell krebsauslösenden Risiken. Aus diesem Grund hat die EU-OSHA eine Erhebung über die Exposition von Arbeitnehmern gegenüber Krebsrisikofaktoren in Europa (Workers’ Exposure Survey, WES) durchgeführt.

Ziel der Erhebung

Die Erhebung soll eine genauere Bestimmung der für die meisten Expositionen verantwortlichen Krebsrisikofaktoren ermöglichen und einen aktuellen, umfassenden Überblick liefern, der für Präventions- und Sensibilisierungsmaßnahmen sowie zur Politikgestaltung genutzt werden kann und so letztlich den Kampf gegen arbeitsbedingte Krebserkrankungen unterstützt.

Damit soll eine bedeutende Datenlücke geschlossen werden, auf die im Rahmen der verschiedenen Überarbeitungen der Richtlinie über Karzinogene, Mutagene und reproduktionstoxische Stoffe hingewiesen worden ist.

2020 begannen die Vorarbeiten zu der Arbeitnehmererhebung, die anschließend weiterentwickelt, getestet und mit einer Zufallsstichprobe von Tausenden von Erwerbstätigen in den sechs EU-Mitgliedstaaten Deutschland, Irland, Spanien, Frankreich, Ungarn und Finnland durchgeführt wurde. Die Fragebögen wurden mit dem Ziel entwickelt, die wahrscheinliche Exposition von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber 24 bekannten Krebsrisikofaktoren abzuschätzen, darunter Industriechemikalien, verfahrensbedingte Stoffe und Gemische, aber auch physische Risikofaktoren.

Nutzen der Erhebung

Die Befragten wurden in jedem Land nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und beantworteten detaillierte Fragen zu ihren in der vergangenen Arbeitswoche erledigten Arbeitsaufgaben und den dabei angewandten Präventionsmaßnahmen. Auf Basis ihrer Antworten wurde mithilfe eines innovativen Instruments zur Bewertung der berufsbedingten Exposition, des sogenannten Occupational Integrated Database Exposure Assessment System (OccIDEAS), eine automatische Schätzung zur Wahrscheinlichkeit einer Exposition gegenüber Krebsrisikofaktoren vorgenommen.

Mit den Informationen aus der Erhebung kann die EU-OSHA bessere statistische Daten liefern und Erkenntnisse zu einer faktengestützten Politikgestaltung beisteuern. Diese Erhebung soll helfen, den Schutz gegen gefährliche Stoffe zu verbessern und die Zahl der arbeitsbedingten Krebsfälle zu verringern. Sie kann zu verschiedenen Maßnahmen beitragen, insbesondere durch:

Zudem können die erhobenen Daten zur Entwicklung und Optimierung öffentlich zugänglicher Instrumente für die Überwachung des Arbeitsschutzes verwendet werden. Es werden Analyseberichte und Factsheets erstellt und veröffentlicht, um die Informationen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Insgesamt ist die Arbeitnehmererhebung eine wichtige Datenquelle für politische Entscheidungsträger, Forscher und Vermittler, die ihnen hilft, Prioritäten zu setzen und zeitnah geeignete Maßnahmen zur Verringerung der Zahl der arbeitsbedingten Krebserkrankungen zu ergreifen.

Erste Erkenntnisse aus der Erhebung

Eine erste Auswertung der Arbeitnehmerhebung hat ergeben, dass von den 24 untersuchten Krebsrisikofaktoren ultraviolette (UV) Sonnenstrahlung, Dieselmotoremissionen, Benzol, alveolengängiges kristallines Siliciumdioxid (Quarzfeinstaub) und Formaldehyd für die meisten wahrscheinlichen berufsbedingten Expositionen verantwortlich sind. 

Die Erhebung liefert auch Informationen über Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in ihrer vergangenen Arbeitswoche Mehrfachexpositionen – also mindestens zwei Krebsrisikofaktoren – ausgesetzt waren, die nicht unbedingt gleichzeitig oder im Rahmen desselben Arbeitsprozesses zum Tragen kommen. Wie die Daten zeigen, waren mehr als 60 % der im Bereich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden sowie im Baugewerbe Tätigen von einer Mehrfachexposition betroffen. Ferner ergab die Erhebung, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kleinst- oder Kleinunternehmen (mit weniger als 50 Beschäftigten) 1,3 Mal häufiger einem oder mehreren Krebsrisikofaktoren ausgesetzt sind als Beschäftigte in mittleren oder großen Unternehmen. Die EU-OSHA hat auch Daten zu den verschiedenen Umständen der Exposition gegenüber den einzelnen Risikofaktoren ausgewertet. 

Die Arbeitnehmererhebung wurde zwischen September 2022 und Februar 2023 von geschulten Befragenden vor Ort mittels computergestützter telefonischer Befragung (Computer Assisted Telephone Interview, CATI) durchgeführt. Nach Abschluss der Feldarbeit und der Qualitätskontrolle standen 24 402 gültige Interviews für die Analyse zur Verfügung. Die Erhebungsgesamtheit umfasst Personen im Alter ab 15 Jahren, die in allen Wirtschaftszweigen in den sechs genannten EU-Mitgliedstaaten arbeiten. Sowohl Selbstständige als auch Beschäftigte in Organisationen aller Größenordnungen wurden in die Studie einbezogen. Die Fragen wurden aus dem Englischen in die jeweiligen Landessprachen übersetzt.